Der Immobilienkauf in Deutschland wurde spätestens seit 2010 durch die Niedrigzinspolitik der EZB kräftig angekurbelt. Was lange Zeit kaum vorstellbar schien, hat sich nun im September 2019 bewahrheitet: Der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi ließ auf seiner letzten wichtigen Vorstandssitzung die 0 % für den europäischen Leitzins „auf unbestimmte Zeit“ festschreiben, gleichzeitig warf er wieder das umstrittene QE-Programm (Anleiheaufkäufe, „Quantitative Easing“) an und flutete somit den Markt mit billigem Geld. Was bedeutet diese Niedrigzinspolitik für Deutschland?
Folgen der Niedrigzinspolitik für Deutschland
Es ist festzuhalten, dass nicht alle europäischen Banken die niedrigen bzw. inzwischen negativen EZB-Zinsen an ihre Kunden weitergeben. Doch in Deutschland wurden Kredite in den letzten Jahren immer billiger, so auch diejenigen für den Hausbau oder -kauf, was den Immobilienkauf in Deutschland extrem ankurbelte und zu einer Preisüberhitzung vor allem in den Metropolen München, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Düsseldorf führte. Experten warnen inzwischen vor einer Blase. Da inzwischen die EZB von den nationalen Geschäftsbanken Geld verlangt (Negativzins), wenn diese dort ihr Geld parken, reichen die Banken diesen Negativzins an vermögende Sparer weiter. Das ist die eine, unangenehme Seite der Medaille. Die positive könnte alsbald sein: Vielleicht schenken uns die Banken bald Geld für den Immobilienkauf in Deutschland. Schon jetzt nähern sich die Bauzinsen der Nullmarke. Dass es negativ verzinste Kredite gibt, wäre ein Novum in der Wirtschaftsgeschichte, doch es erscheint nun möglich. Es würde die Immobilienwelt kräftig durcheinanderwirbeln.
Wie sollen Interessenten nun beim Immobilienkauf vorgehen?
Die sinkenden und vielleicht bald negativen Zinsen erfreuen den Kreditnehmer, doch er muss beim Immobilienkauf eine ganz andere, bedeutendere Entwicklung betrachten: Die Immobilienpreise steigen kräftig durch diese Niedrigzinspolitik in Deutschland. Der Vorteil durch sehr geringe oder bald gar keine Zinsen mehr auf Baukredite wird durch Preissteigerungen bei Immobilien mehr als aufgefressen. Abwarten lohnt daher nicht: Den Verkäufern werden Immobilien derzeit förmlich aus der Hand gerissen. Wer den Kaufvertrag nicht schnell genug abschließt, hat das Nachsehen: Das Objekt wird dann meistens anderweitig vergeben. Dieser Kaufrausch dürfte erst recht anhalten, wenn es wirklich negativ verzinste Baukredite geben sollte. Die Käufer würden dann auf ihren Kredit einen kleinen Rabatt erhalten, also etwas weniger tilgen, als sie bekommen haben. Das kann sich für die Banken lohnen, wenn dieser Negativzins für den Kunden niedriger ist als der Strafzins, den die Bank an die EZB zahlen muss, wenn sie dort ihr Geld parkt (Oktober 2019: bis 0,5 %). Immobilienkredite könnten tatsächlich mit ~0,2 – 0,3 % negativem Zins versehen werden, das ist ein realistisches Szenario.
Fazit: Immobilien jetzt kaufen statt bauen
Das logische Resultat lautet, dass es aktuell sinnvoller ist, eine Immobilie gleich zu kaufen, statt sie erst bauen zu lassen. Während der Planung und der Bauphase dürften die Preise schon wieder steigen – auch die für Baumaterial und -leistungen. Noch sind Immobilien in Deutschland, vor allem aber in Berlin, halbwegs erschwinglich – wer weiß, wie lange noch.