Die Corona-Krise hat das Leben nahezu zum Stillstand gebracht und erst langsam tasten wir uns wieder an eine neue Normalität heran. Auch die Wirtschaft hat weltweit den Notstand ausgerufen, Aktienkurse fallen. Es gibt Verlierer und es gibt Gewinner. Wo in diesem Spektrum steht der deutsche Immobilienmarkt 2020? Welche Auswirkungen haben Corona und Lockdown auf Preise und Mieten?
Derzeit zeichnen sich geringe Auswirkungen auf Immobilienpreise und Mieten ab. Monatlich werden Daten erhoben und veröffentlicht. Die Zahlen für März lassen sehr geringe Auswirkungen auf die Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes erkennen. Ihre Aussagekraft ist allerdings begrenzt, da die Einflüsse des Lockdown zu diesem Zeitpunkt noch wenig Durchschlagskraft hatten. Die Daten aus April, die jetzt aktuell vorliegen, zeigen allerdings eine sehr ähnliche Tendenz. Die April-Daten für Immobilien- und Mietpreise basieren auf dem ersten Monat, der durchgängig von der Krise beherrscht wurde. Damit sind sie deutlich aussagefähiger als alle vorherigen Erhebungen.
In diesen Studien scheint sich derzeit zu bestätigen, was bereits einige Immobilienspezialisten vorhergesagt hatten. Plötzliche, extern verursachte Krisen beeinflussen den Immobilienmarkt weit weniger unmittelbar und stürmisch als die vergleichsweise sensiblen Aktienkurse. Auswirkungen sind erst später zu erwarten und fallen vermutlich auch weniger heftig aus als in anderen Branchen.
Natürlich hat die Corona-Krise Auswirkungen auf den Immobilienmarkt 2020. Das gilt für Immobilienkäufe und für die Mietpreisentwicklung. Verdienstausfälle, Kurzarbeit und Angst vor Arbeitslosigkeit – die Taschen der Verbraucher sind leerer geworden, die Lust auf Konsum gesunken und Entscheidungen wie Wohnungswechsel oder Immobilienkauf werden vertagt.
Marktvolumen und Preise des Immobilienmarktes 2020 stabil
Die vom Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung Gewos vorhergesagten „Verwerfungen“ am Wohnungsmarkt oder die von Empirica angekündigten Preiseinbrüche für Immobilien von bis zu 25 % scheinen sich jedoch nicht zu bestätigen. Zu tendenziell entgegengesetzten Ergebnissen kommt denn auch die aktuelle Untersuchung des Wirtschaftsinstituts IW Köln. Ihre im Auftrag der Deutschen Reihenhaus AG erstellte Studie ist aktuell unter dem Titel „Immobilienbesitzer müssen sich keine Sorgen machen“ erschienen. Hier gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Immobilienpreise fallen, aber nur in einem sehr moderaten Ausmaß. Ihrer Auffassung nach wird der Wohnraumimmobilienmarkt die von Corona ausgelöste Krise relativ gut überstehen.
Nach wie vor ist die Nachfrage nach Immobilien sehr hoch, Wohnraum weiterhin knapp. Die Corona-Krise ändert an diesen Tatsachen scheinbar nichts oder zumindest nur kaum. Zwar wurden vorübergehend weniger Immobilien angeboten und gekauft, aber dabei scheint es sich um eine temporäre Erscheinung zu handeln. Bereits jetzt nähern sich die Bewegungen bereits wieder an das vorherige Volumen an. Auch stark fallende Preise zeichnen sich nicht ab und werden auch für die nächste Zeit von den meisten Experten nicht erwartet.
Zu ganz ähnlichen Annahmen kommt die F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH. Seit vielen Jahren beobachten und analysieren sie den deutschen Wohn- und Immobilienmarkt sehr aufmerksam. Aktuell haben sie den F+B-Corona-Index Angebotsentwicklung Deutschland erstellt und kürzlich veröffentlicht. Preise und Mieten sind weitgehend stabil, bei Eigentumswohnungen wird die Preisstabilität sogar als „frappierend“ bezeichnet. Angebot und Nachfrage sind nach einem kurzen Tief im bundesweiten Schnitt wieder steigend. Dabei wird die Nachfrage nicht durch verringerte Preise angeregt, sondern entspricht der derzeitigen Marktsituation.
Kann diese Tendenz auch langfristig bestehen?
Bisher ist die Immobilienwirtschaft also erstaunlich unbeschadet durch die Krise marschiert. Keiner der Unkenrufe über die Blase hat sich bewahrheitet. Die hohen Immobilienpreise vor der Krise basieren offensichtlich nicht auf spekulativer Raffgier, sondern resultierten aus der faktisch hohen Nachfrage. Allerdings sollte man bei all diesen positiven Tendenzen nicht vergessen, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt. Auch ist kaum zu erwarten, dass sich die Corona-Krise mittelfristig nicht auch auf den Immobilienmarkt niederschlägt.
Nahezu alle Wirtschaftsexperten sind sich einig, dass wir eine vermutlich tiefgreifende Rezession zu erwarten haben. Viele Menschen geraten in völlig unverhofft wirtschaftliche Schwierigkeiten oder müssen zumindest mit deutlich weniger Einkommen klarkommen. Wie viele Geschäfte und Firmen schließen müssen, ist noch gar nicht absehbar. In diesen Zeiten ist es nahezu selbstverständlich geworden, dass langfristige seriöse Prognosen kaum möglich sind.
Ob die aktuelle Stabilität der Wohnraumimmobilien Bestand hat, ist ungewiss und hängt von mehreren Faktoren ab. Die wirtschaftlichen Aussichten senken die Mieterwartungen und werden die Wohnungspreise belasten. Nach Expertenmeinung wird die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank den Anlegern auf der anderen Seite anhaltend niedrige Zinsen bescheren. Das wird die Finanzierung einer Immobilie erleichtern und hat damit bezogen auf eine Investitionszurückhaltung einen gegenläufigen Effekt für den Wohnimmobilienmarkt. Niedrige Zinsen machen den Immobilienkauf weiterhin interessant und für Interessenten planbar.
Immobilienmarkt 2020: Veränderung unwahrscheinlich
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die eine oder andere Schwächephase auch in der Immobilienwirtschaft nicht auszuschließen ist. Auch, weil der Immobilienmarkt auf wirtschaftliche Einbrüche erfahrungsgemäß mit zeitlicher Verzögerung reagiert. Deshalb können die Renditen kurzfristig geringer werden. Für Investoren bleibt der Kauf von Wohnimmobilien in Deutschland aber eine vergleichsweise sichere Geldanlage. Dafür sorgen in erster Linie die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten. Sie steigern die Attraktivität für Anleger und sie können, im Gegensatz zum Verlauf der Corona-Krise, von Politik und Geldinstituten weitgehend gesteuert werden.